01. Januar 2014

Übergabeverträge - Vorweggenommene Erbfolge

Lebensbogen 1-2014

Die Gesellschaft in Deutschland befindet sich aktuell in einer sogenannten „Erbengeneration“. Studien gehen davon aus, dass in diesem Jahrzehnt etwa 2,6 Billionen Euro vererbt werden. Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Generation der künftigen Erblasser nach dem Krieg und in den Jahren des „Wirtschaftswunders“ begonnen hat, bedeutende Vermögen aufzubauen. Neben der Notwendigkeit testamentarischer Vorsorge für den Todesfall, gewinnt die Frage der Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten daher immer mehr an Bedeutung. Doch hierbei gilt es einiges zu beachten, wie Rechtsanwalt Christopher Bergmann von der Kanzlei Korn-Bergmann & Amberg der Redaktion darlegt.

I. Grundsätzliche Überlegungen

Das Interesse des Übertragenden ist in der Regel auf folgende Punkte fokussiert:

  • Absicherung des eigenen Lebensabends
  • Absicherung des Ehegatten/Lebenspartners
  • Sicherstellung der Pflege im Alter
  • Wahrung des Familienfriedens und Vermeidung von Erbstreitigkeiten
  • Optimale steuerliche Gestaltung
  • Begrenzung des Risikos eines staatlichen Rückgriffs (Stichwort: „Sozialhilferegress“).

Ziel einer jeden Übertragung sollte daher sein, sämtliche Interessen bestmöglich in Einklang zu bringen und eine optimale juristische Gestaltung vorzunehmen.

II. Gestaltungsmodelle

Am Beispiel der häufigen Immobilienübertragung werden nun verschiedene Gestaltungsmodelle im
Überblick dargestellt.

1. Nießbrauch/Wohnrecht
Bei der Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten kann sich der Übergebende zum Beispiel ein Nießbrauchs-oder Wohnrecht vorbehalten. Der grundlegende Unterschied zwischen der Vereinbarung
eines Nießbrauchrechts zum Wohnrecht ist die Folge, dass der Nießbrauchsberechtigte die übertragene
Sache quasi wie ein Eigentümer nutzen darf. Er ist im Gegensatz zum reinen Wohnungsberechtigten
auch dazu berechtigt, die Immobilie zu vermieten und erhält selbst sämtliche Mieteinnahmen.
Dem Inhaber eines Wohnrechts ist hingegen ausschließlich die persönliche Wohnnutzung gestattet.

2. Rückübertragungsrechte
Zur weiteren Absicherung kann sich der Übertragende verschiedene Rückübertragungsrechte  vorbehalten, etwa bei Insolvenz des Beschenkten, Belastungen der Immobilie ohne vorherige Zustimmung, im Falle des Versterbens vor dem Übergebenden oder auch aus persönlichen Gründen in der Person des Beschenkten. Diese Rückübertragungsklauseln sollten immer dem jeweiligen Einzelfall angepasst sein. Insbesondere ist dringend anzuraten, sämtliche Modalitäten für die Rückabwicklung vertraglich festzulegen.

3. Pflegeverpflichtungen
Dadurch, dass die Lebenserwartung der Bevölkerung immer mehr ansteigt, gewinnt die Frage der
eigenen Absicherung im Pflegefall mehr und mehr an Bedeutung. Der Beschenkte kann dazu verpflichtet
werden, für die Pflege des Übergebenden finanziell und/oder persönlich aufzukommen.
Umfang und Grenzen der Pflege sind in jedem Fall eindeutig zu vereinbaren.
Eine korrekte juristische Formulierung ist von hoher Bedeutung, um nicht die Gefahr eines Sozialhilferegresses gegenüber den Verpflichteten zu produzieren.

III. Sozialhilferegress

Jede Übertragung sollte die Gefahr eines Sozialhilferegresses so niedrig wie möglich halten und eine
eventuelle finanzielle Haftung der Kinder für ihre Eltern berücksichtigen („Elternhaftung“). Dies
kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Übertragende pflegebedürftig wird und weder
seine eigenen Mittel noch die Kranken- und Pflegeversicherung zur Abdeckung sämtlicher Kosten
ausreichen. Der Staat kann eine Schenkung, wie die Übertragung zu Lebzeiten wegen Verarmung des Schenkers gem. §§ 528, 529 BGB innerhalb einer 10-Jahresfrist zurückfordern.

IV. Fazit

Das Gesetz bietet sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten für eine optimale Übertragung von Vermögen
bereits zu Lebzeiten. Es ergeben sich auch immer eine Vielzahl von Risiken, beispielsweise auch
Pflichtteilsergänzungsansprüche, die der juristische Laie nicht überblicken oder vorhersehen kann. Insbesondere müssen alle gesetzlichen Formvorschriften (z. B. Notarform bei Immobilien) beachtet werden. Bevor es daher zu einer vorweggenommenen Erbfolge kommt, sollte in jedem Fall eine anwaltliche Beratung erfolgen, die alle Besonderheiten des Einzelfalls beachten muss und sodann zu einer optimalen Vertragsgestaltung führen kann.

 

Die vollständige Veröffentlichung finden Sie unten in dem zum Download stehenden PDF.

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