01. März 2016

Frauen, Kinder, Karriere - kein Widerspruch?

Magazin Pablo - Ausgabe 3-2016

Kinder sind das Wertvollste, was wir haben. Darüber sind sich die meisten Menschen einig. Was aber, wenn der eigene Beruf und die Karriere ebenso wichtige Elemente im Leben sind? Das eine muss das andere nicht ausschließen, sofern die Rahmenbedingungen passen und der eigene Antrieb hoch ist. Marita Korn-Bergmann, Fachanwältin für Familienrecht und Mutter eines erwachsenen Sohnes sieht es auch in der Verantwortung der Frauen, Kontrolle, die Kinder betreffend, abgeben zu lernen und Erziehung und Familienaufgaben auch vom Partner einzufordern. Wir haben die Gedanken und Aussagen der Anwältin zusammengefasst. Unsere freie Redakteurin, Conny Czermak, Mutter zweier Kinder und examinierte Juristin ist der Meinung, dass auch heute noch der Spagat zwischen Beruf und Familie groß und anstrengend ist. Auch sie tut ihre Auffassung und Erlebnisse in diesem Beitrag kund.

Kein Widerspruch!

Wie viele Frauen in der oberen Führungsetage großer Unternehmen kennen Sie? Großes Stirnrunzeln und scharfes Nachdenken ist meist die Reaktion des Gegenübers. Die Luft für Frauen wird dünn in den oberen Etagen. Woran liegt das? Noch vor vier, fünf Jahrzehnten begann dieser Trend schon in der Schulzeit, deutlich mehr junge Männer als Frauen haben Abitur gemacht und hatten dementsprechend anschließend die Möglichkeit, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Hier hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren viel geändert, das Verhältnis zwischen Abiturientinnen und Abiturienten ist heute nahezu ausgeglichen. Auch an den Universitäten sind die Mädchen ausgeglichen vertreten. Nach Abschluss des Studiums oder einer Ausbildung folgt dann der erste Job - auch diesen Schritt gehen noch die allermeisten jungen Frauen. Doch Natur- und altersbedingt folgt oft der Kinderwunsch, die Familienplanung beginnt und die Anzahl der Frauen, die nach einer Elternzeit wieder in qualifizierte, auch karriereorientierte Jobs zurückkehren, ist überschaubar. Das hat vielerlei Gründe. Zum einen sind es nicht selten die Frauen selbst, die eine bestimmte innere Haltung haben und einen hohen Anspruch an ihre Mutterschaft stellen. Noch heute glauben viele junge Mütter, niemand könne die Kinder
besser erziehen, betreuen, lieben und begleiten als sie selbst. Doch warum? Das Engagement der Väter hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, viele sind bereit und tun es faktisch, selbst mit in die Erziehung einzugreifen und Zeit in die Familie zu investieren. Dennoch bleibt bei den Frauen ein schlechtes Gewissen, weil sie, sei es aus gesellschaftlichen, konventionellen oder medial so gesteuerten Ansichten innerlich eigentlich den Anspruch an sich haben, die Kinder sollten bestenfalls nur oder zum Großteil von ihnen selbst betreut werden.

Spagat zwischen Job und Familie kostet viel Kraft

Auch die bestehende Unternehmens- und Arbeitsplatzsituation macht es vielen Müttern und ebenso auch den Vätern nicht leicht, den Wunsch nach einer Familie und Zeit in dieser entspannt zu leben. Leider wird in großen, aber auch mittelständischen Unternehmen, das Engagement bei der Familienarbeit - und das sowohl bei Männern als auch Frauen - oft zum Karrierehemmnis. Die Arbeitgeber wähnen durch das zeitweise nötige Betreuen kranker Kinder unzuverlässige Mitarbeiter vor sich zu haben, auch das Ansetzen eines Meetings, eine Viertelstunde vor Schließung des Kindergartens, führt zu angespannten und vermeintlich sich wenig mit der Firma identifizierenden Mitarbeitern. Aufgrund dieser Zuspitzung bei der Vereinbarung von Familie und Beruf resultiert noch heute häufig, besonders für Frauen, die noch immer durchschnittlich den Löwenanteil der Familienarbeit leisten, eine enorme Doppelbelastung, die irgendwann im schlimmsten Fall im Burn Out endet.

Schon an kleinen Stellschrauben drehen, hilft

Viele gut ausgebildete junge Frauen befinden sich in einem Dilemma, zweifellos. Doch es gibt Möglichkeiten, aus diesem heraus zu kommen. Ohne Frage unterstützt die Politik junge Familien schon deutlich stärker, als sie es noch vor einigen Jahrzehnten tat. Doch um Frauen wirklich (auch nach der Geburt ihrer Kinder, nicht allein wegen des Frau-Seins) in Führungspositionen zu halten oder zu bringen, muss ein Umdenken auf und in allen Bereichen stattfinden. Module wie Job-Sharing,  Home-Office, flexible Arbeitszeiten oder ein Arbeitszeitkonto wären in der Praxis unschwer umzusetzen – man muss es nur wollen! Auch der viel besungene Fachkräftemangel in Deutschland ließe sich in großen Teilen durch bestens ausgebildete Menschen – Frauen – decken. Ihr jungen Frauen, seid selbstbewusst und habt Mut, auch an euch und eure beruflichen Ziele zu denken. Familie und Karriere sind zwei Pole, die sehr gut dabei helfen, dass keiner überhandnimmt. Auch der Gedanke an die eigene finanzielle Situation bei Trennung oder Scheidung, sollten die jungen Frauen nicht außer Acht lassen. Altersarmut betrifft heute zum Großteil Frauen, die sich ihr Leben lang um die Kinder und Familie gekümmert haben, dabei aber nicht vorausschauend auch an sich und beispielsweise an die eigene Rente oder die finanzielle Eigenständigkeit beim etwaigen Scheitern der Beziehung gedacht haben.

Ein Widerspruch!

Die heutige Müttergeneration sind ihren Vorreiterinnen der vergangenen Jahrzehnte mit Sicherheit dankbar für alles Engagement, das ihnen heute nahezu jeden erdenklichen Lebensweg ermöglicht. Sie dürfen, ohne zu fragen, höhere Schulen besuchen, Abitur machen, sich frei eine Ausbildung wählen oder studieren. Sie sind sich bewusst, dass dies alles nur dem Kampf und Einsatz couragierter Frauen zu verdanken ist, die diese Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen einfach nicht länger hinnehmen wollten. Auch was von staatlicher Seite an familien-unterstützenden Maßnahmen geboten ist, wie Elterngeld, -zeit oder Kinderbetreuungseinrichtungen schon für unter Dreijährige, davon konnten die Mütter noch vor wenigen Jahren nur träumen. Wo früher vermehrt die Großeltern in die Betreuung der Enkel eingebunden wurden, ist das in einer Vielzahl der Fälle heute nicht mehr möglich. Die globalisierte Welt fordert ihren Tribut: Kaum eine junge Frau wohnt noch in der Heimatstadt ihrer Eltern, Ausbildung, Studium oder Beruf haben sie in die ganze Welt verstreut. Kommen nun die Kinder, muss automatisch auf eine außerfamiliäre Lösung zurückgegriffen werden.

Die Qualität ist entscheidend

Doch auch wenn es (was nicht annähernd flächendeckend der Fall ist), genügend Kita- und Kindergartenplätze gibt, ist damit nicht gleichzeitig eine gute, eine bestmögliche Betreuung der eigenen Kinder gesichert. Die ist aber nötig, um ruhigen Gewissens die Kinder in »fremde Hände« zu geben und dem eigenen Beruf nachzugehen. Dass der Betreuungsschlüssel, das ist die Anzahl der Erzieher, gerechnet auf die Zahl der Kinder in der Gruppe, seit Jahren erhöht wird, ist im Ergebnis noch immer nicht zufriedenstellend. Wie die örtliche Betreuungseinrichtung von den Eltern gewertet wird, ist sicher sehr unterschiedlich. Viele junge Frauen sehen das Wohl ihrer Kinder auch heute noch als wichtiger an als die eigene berufliche Selbstverwirklichung. Doch auch, wenn man sich bestens organisiert hat, sich der Partner dauerhaft und engagiert in die Familienarbeit einbringt, reicht eine außerplanmäßig angesetzte Konferenz, um den so schön zusammengedeichselten Betreuungsplan für die Kinder durcheinander zu bringen.

Seine Kinder zu betreuen, ist ein Dienst an der Gesellschaft

Nicht wenige junge Frauen zerbrechen nahezu an dem Spagat zwischen Job und Familie, manch eine scheut ihn von Beginn an und widmet sich voller Freude und Engagement ab Geburt der Kinder ausschließlich ihnen. In Zeiten, in denen man voraussichtlich bis Ende 60 oder gar Anfang 70 wird arbeiten müssen, »schenken« viele junge Frauen gerne und voller Überzeugung zumindest die ersten Kinderjahre völlig ihren Kindern, in dem Bewusstsein: »Arbeiten werden wir in unserem Leben noch genug!« Auch das ist ein Ergebnis der Emanzipation: Wer mag, sollte und kann sich neben der Familie in das karriereorientierte Erwerbsleben einbringen, wer nicht, sollte und kann hoch erhobenen Hauptes und ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen zu Hause bleiben und mit einem bisschen Glück ein erfolgreiches kleines  Familienunternehmen leiten!

Dateien zum Download: